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24.07.2022: Alta Via 2 – Das zweite Drittel

Im Nachgang zur Puez-Geisler Gruppe und der Sella, haben wir mittlerweile auch die Marmolada, das Val de Contrin und nahezu die komplette Pala-Gruppe hinter uns gelassen.

Über 100 Kilometer und knapp 11.600 Höhenmeter im Auf- und Abstieg sind damit geschafft.

Das Ende ist nun eigentlich nah, aber das Wetter schlägt um und wir müssen schauen, ob der Weg für uns wie geplant weiter gehen kann oder nicht.

Video zur Alta Via 2

Eine kurze Zusammenfassung unserer Tour:

Tag 5: Die Alternativroute

13,97 km, 513 m, 576 m, 5:00 Std.

Der heutige Tag begann absolut wundervoll: Anstelle von kaltem Wasser im Gesicht konnten wir – nach gestern Abend – eine zweite warme und kostenlose Dusche genießen. Man wird einfach bescheiden.

Heute verlassen wir die Alta Via für ein kleines Teilstück, da wir die Marmolada mangels Equipment nicht überqueren können und außerdem am nächsten eigentlichen Etappenziel keine bezahlbare Unterkunft mehr bekommen haben. Außerdem endet heute endlich der gemeinsame Streckenabschnitt von Alta Via und dem Traumpfad München-Venedig, so dass wir davon ausgehen, dass es nun ein wenig ruhiger auf den Wegen wird.

Obwohl Yasmins Knie und meine Oberschenkel von gestern noch ziemlich beleidigt waren, war der Abstieg am Anfang der Tour okay. Es ging durchgängig durch Wald, unterbrochen nur durch Ausblicke auf die Marmolada, die immer zu unserer Linken war.

Nach etwa zwei Stunden häuften sich die Zivilisationszeichen (Tagestouristen) und wir kamen nach Penia, der einzigen richtigen Ortschaft auf dem gesamten Weg, wo wir unseren Müsliriegelvorrat für die kommenden Tage auffüllten.

Anschließend ging es wieder steil im Wald den Berg hinauf. Die Temperaturen waren bereits bei über 25 Grad angelangt und ohne Wind war es sehr unangenehm.

Nach einiger Zeit kamen wir jedoch im Val Contrin an und der Weg wurde erst einmal eben. Das hochgelegene Tal ist beidseitig von großartig anzusehenden, hoch aufragenden Felswänden eingerahmt und wie bereits erwähnt, eben. Dieser Teil hat uns dementsprechend am besten gefallen.

Am Ende des Tales angelangt, kühlten wir uns noch kurz die Füße in einem Bergbach ab, bevor es an den finalen Anstieg ging. Zur etwa gleichen Zeit verschwanden die letzten Wolken, so dass wir bei über 30 Grad von Schatten zu Schatten huschen mussten, um nicht den Hitzetod zu sterben.

Trotzdem waren wir mal wieder komplett durchgeschwitzt, als wir an unserem heutigen Ziel, dem Rifugio Contrin ankamen.

Positiv überrascht wurden wir durch die Duschzeiten: 10 Minuten heißes Wasser für nur zwei Euro. Mittlerweise reicht das mehr als locker für uns beide aus, so dass wir uns die Zeit einfach geteilt haben.

Zum Abendessen gab es dann heute Schnitzel mit Pommes, perfekt für hungrige Wanderer!

Tag 6: Lange Etappe am Jahrestag

18,88 km, 991 m, 973 m, 7:09 Std.

An unserem 11-jährigen Jahrestag stand für uns heute nicht nur der längste, sondern auch einer der Tage mit dem meisten Höhenunterschied an. Frisch gestärkt machten wir uns daher direkt nach dem Frühstück auf den Weg.

Apropos Frühstück: Wer eine Hüttentour macht und nicht gerne Zucker isst, wird wahrscheinlich schnell verzweifeln. Wenn es gut läuft, dann gibt es morgens noch ein wenig Wurst und Käse, aber normalerweise beschränkt sich der Aufschnitt auf Marmelade, Honig und Nutella. Kai liebt es…;)

Gleiches gilt übrigens für Vegetarier beim Abendessen. Egal wie modern viele Hütte mittlerweile schon sind, in der deftigen Alpen-Küchen sind vegetarische Gerichte tatsächlich immer noch eine Seltenheit.

Aber zurück zum Weg Heute war ein Tag der Kategorie zwei, was bedeutet der Weg begann direkt zu Beginn mit einem fiesen Anstieg. Über 600 Höhenmeter auf nicht mal vier Kilometer galt es zu überwinden, da waren wir echt froh, dass der Trail morgens noch im Schatten lag.

Nachdem wir dies noch halbwegs fröhlich hinter uns gebracht hatten, ging es quasi nach 5 Metern direkt wieder an den Abstieg. Mal wieder schlitterten wir Höhenmeter um Höhenmeter eine steile Schuttrinne nach unten.

Immer, wenn ich dann später auf den Weg zurück schaue, denke ich mir: Was für eine Sch…., wer ist so dämlich und läuft da runter???

Endlich erreicht wir dann Fuciade und waren wirklich verwirrt. Nachdem wir den gesamten Vormittag alleine waren, waren hier plötzliche Hunderte von Menschen. Warum blieb uns allerdings ein Rätsel, denn mehr als eine Gaststätte gab es dort eigentlich nicht…

Von Fuciade ging es – immer dem nicht abreisenden Schwarm weiterer Menschen entgegen – zum Passo San Pellegrino. Das Wetter hatten mittlerweile merklich angezogen und wir waren froh über jeden schattigen Abschnitt.

 

Nach einer kleinen Verschnaufpause stand dann der zweite Anstieg des Tages an. Über steile Wege quälten wir uns bei nahezu 30 Grad den Hang hinauf und retteten uns von Schatten zu Schatten oder zumindest von “Stelle mit ein wenig Wind” zu “Stelle mit ein wenig Wind”.

Überhaupt fragen wir uns oft was Italiener eigentlich gegen Serpentinen haben? Die wären viel besser als diese steilen, schnurgraden Wegen, auf denen man kaum laufen kann. Besonders heute, als es eine Skipiste hinauf ging. Im Winter mögen die steilen Pisten das für Skifahrer ja wunderbar sein, für Wanderer bei 30 Grad allerdings eher nicht so.

Irgendwann hatten dann aber endlich die Ebene erreicht. Hier ging es zunächst ein kurzes Stück ohne nennenswerte Steigung weiter, allerdings brannte die Sonne immer noch erbarmungslos. Glücklicherweise war es aber mittlerweile sehr windig. Perfektes Sonnenbrandwetter also.

Am Ende des Tages stand noch der Abstieg zum Passo Valles an. Der war ok, nur gab es mal wieder Millionen von Fliegen. Echt eklig.

Als wir dachten keinen Schritt mehr gehen zu können und endgültig zu verkokeln, tauchte endlich unser Rifugio auf. Und was sollen wir sagen, heute ist unser Glückstag: Wir haben ein Zweierzimmer mit Doppelbett und einem Bad, nur für uns. Es gibt WLAN im Bett und Handtücher im Überfluss.

Das perfekte Geschenk für unseren 11-jährigen Jahrestag. Und wer weiß, vielleicht gönnen wir uns zur Feier des Tages nachher noch ein (großes) Radler.

Tag 7: Nearo oder mal wieder kein Wasser
7,85 km, 694 m, 178 m, 3:46 Std

Vor uns lag ein kurzer Tag. Nur knapp 8 km mussten wir gehen. Dementsprechend war es für die bisherigen Verhältnisse ein Nearo (= Near zero, Tag an dem man nur sehr wenig geht). Nur leicht störend waren die zu erklimmenden 700 Höhenmeter, die heute auch mit richtiger Kletterei einhergehen sollten, aber irgendwas ist ja immer.

Demnach war kein Wecker gestellt und nach der wundervoll erholsamen Nacht im eigenen Zimmer mit Doppelbett, eigenem Bad und WLAN dösten wir noch etwas. Auch eine Dusche  am Morgen ließen wir uns nicht nehmen.

Das Frühstück war überwiegend süß, was meinen guten Vorsätzen, in nächster Zeit weniger Zucker zu konsumieren einen herben Schlag versetzte. Pflichtbewusst habe ich mich dann trotzdem durch das Angebot gekämpft, jedoch mit schlechtem Gewissen 😉

Am späten Vormittag um 08:30 Uhr gingen wir frohen Mutes bei leicht bewölktem Wetter los. Das war gut, da wir gleich über 200 Meter nach oben mussten, was bei praller Sonne weniger Spaß macht.

Oben angekommen gab es gleich die erste Pause – wir hatten ja Zeit – bei großartiger Aussicht auf die Berge der Pala-Gruppe. 

Anschließend hatten wir Gelegenheit uns als cowboyende/ -girlende Personen zu betätigen, als eine Gruppe von Alpenkühen unseren Weg blockierte. Yasmin war so aufgeregt, dass sie erstmal in die Überreste trat, was sie mit einem entrüsteten Aufschrei quittierte.

Danach verlief der Weg jedoch ohne weitere besondere Vorkommnisse und war sogar fast eben, so dass wir die anhaltende großartige Aussicht in Ruhe genießen konnten.

Kurz vor Ende ging es nochmal 450 Meter nach oben. Mit dem Anstieg erstarb der Wind und die Sonne kam heraus. Großartig!

Total durchgeschwitzt kamen wir an der Hütte, nur um festzustellen, dass nun auch wir die italienische Dürre erfahren sollten: Weder die Duschen noch die Waschbecken funktionierten.

Für die Katzenwäsche nutzten wir das restliche Wasser, dass sich noch in unseren Wasserblasen befand, aber richtig sauber wurden wir dadurch nicht. Von unseren Klamotten ganz zu schweigen…

Spannenderweise wurden die Massen an Tagesgästen trotzdem weiter bewirtet: Bei Spaghetti und u.ä. kochen die Italiener scheinbar nicht mit Wasser.

Nun freuen wir uns darauf, mit etwa 20 Fremden im selben Zimmer zu übernachten, von denen jeder mindestens dieselbe Strecke unternommen und keiner eine Dusche oder Wasser zum Waschen gehabt hat. Morgen, bei der nächsten Hütte, wird alles besser. Ganz bestimmt.

Tag 8: Schwere Entscheidung
9,9 km, 640 m, 647 m, 4:15 Std

Während sich auf den letzten Hütten alle immer mehr als vorbildlich benommen haben, durften wir in der letzten Nacht das Gegenteil erfahren: Viele der Besucher waren laut, rücksichtslos und nicht in der Lage ihre Taschenlampen richtig zu bedienen, so dass mir (Yasmin) circa alle 10 Minuten jemand mitten in das Gesicht leuchtete.

Zudem war es in dem sehr engen Lager trotz offener Tür und Fenster mit 22 Menschen einfach viel zu warm. Insgesamt war die Nacht dementsprechend ungewohnt unkomfortabel.

Morgens hatten wir es daher ziemlich eilig der Hütte zu entkommen und ergriffen nach einem eher kargen Frühstück schnell die Flucht.

Direkt zu Beginn war mal wieder ein ordentlicher Höhenunterschied zu überwinden, wobei wir froh waren, dass es nachts sehr stark geregnet hatte. Die Vorstellungskraft, wie man die steilen Schotterwege hochkommen soll, wenn die Steinchen nicht leicht nass und dadurch fest sind, konnten wir nämlich nicht aufbringen.

In Begleitung von Sarah, die wir morgens an der Hütte kennenlernten, überwanden wir im weiteren Verlauf einen der anspruchsvollsten Abschnitte des Höhenweges. Nahezu nur seilversichert und teilweise auch ziemlich luftig, ging es erst stetig steil bergauf, nur um dann genauso steil wieder bergab zu gehen.

Zusätzlich durften wir am Ende der ersten Drahtseilpassage auch mal wieder eine Schuttrinne nach unten rutschen. Dafür waren die Ausblicke einfach unglaublich!

Endlich am Talboden angekommen, dauerte es nicht lang, bis es – erneut oft drahtseilversichert – an den zweiten Aufstieg ging. Mittlerweile war es wieder warm geworden, aber nicht so schlimm wie an den Tagen davor.

Allerdings war uns bereits im Tal unser Wasser ausgegangen, so dass wir das letztes Stück ohne Pause hinter uns brachten.

An der Hütte angekommen, waren wir zunächst trotzdem ganz zufrieden. Wir hatten das Teilstück ohne Probleme und dazu auch noch ziemlich schnell hinter uns gebracht. Zudem waren die Panoramen während der Etappe wirklich toll!

Die Stimmung kippte dann jedoch ziemlich schnell, als wir erfuhren, dass es auch auf dieser Hütte – mit Ausnahme für die Verköstigung der Tagestouristen – kein Wasser gab und sich dies im Zweifel auch so fortsetzen würden.

Außerdem herrschte Unsicherheit über die Wetterlage der nächsten Tage. Nachdem es schon am Tag davon Nachmittags und Nachts sehr stark gewittert hatte, versprachen die Aussichten für die nächsten Tage nicht unbedingt Besserung.

Nach langem hin und her beschlossen wir uns mit der Seilbahn in das Tal nach San Martino di Castrozza hinabzufahren und im Hotel – nach einer Dusche – weiter zu überlegen.

Leider war die Hütte – obwohl sie nur einen Teil der angebotenen Leistung bereitstellen – nicht bereit uns unsere Anzahlung zurück zu erstatten. Auch die Seilbahn und das Hotel passten in keiner Weise in unser Budget, nach zwei durchgeschwitzten Tagen ohne Wasser war es uns das aber (fast) egal.

Im Tal angekommen besorgten wir uns – frisch geduscht – Abendessen und befragten die Alpine Guides nach den weiteren Wetteraussichten. Diese sagten uns, dass wir morgen wahrscheinlich noch einen guten halben Tag hätten, wir uns aber spätestens am Dienstag wegen Regen und Gewitter lieber nicht mehr auf dem Trail aufhalten sollten. Auch die Aussichten danach seien bisher eher schlecht.

Es stand dann also die schwere Entscheidung an. Was tun? Bis zum nächsten Rifugio würden wir eventuell noch kommen, wobei die Etappe lang ist und wir erst zum Nachmittag und damit eigentlich zu spät ankommen würden. Zudem gäbe es von dort keinen Abstieg in das Tal.

Andererseits könnten wir mit dem Wetter auch Glück haben und nur in einen kurzen Schauer kommen und wir sind eigentlich zu weit gekommen um jetzt aufzuhören.

Am Ende siegte trotz Enttäuschung die Vernunft. Wir entschieden uns zum Abbruch. Glücklicherweise waren die weiteren Hütten deutlich kulanter und erließen und im Hinblick auf die Wetteraussichten die Stornierungsgebühren.

Nun überlegen wir, wie und wohin es in den nächsten Tagen für uns weiter geht. Dies ist insbesondere schwierig, als dass wir auch nach langer Recherche bisher keine bezahlbare Unterkunft finden konnten. Wir werden nun erstmal den ewig langen Weg (mit Öffis mindestens 5 Stunden) zu unserem Auto antreten und dann mal schauen.

Ihr hört von uns 🙂

 

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